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Internationale Aspekte des Entwurfs zum Änderungsgesetz steuerliche Qualifizierungsrichtlinie Rechtsformen

11 Jun 2021

Am 29. März 2021 wurde ein Gesetzentwurf zur Überarbeitung der niederländischen Regeln zur steuerlichen Behandlung bestimmter (ausländischer) Rechtsformen eingebracht. Wenn sich die Änderung auf eine Rechtsform bezieht, die aktuell Bestandteil Ihrer Konzernstruktur ist, kann dies einschneidende Konsequenzen nach sich ziehen.

Der Entwurf sieht vor, dass die Gesetzesänderung bereits am 1. Januar 2022 in Kraft tritt.

In diesem Artikel richten wir unseren Fokus auf die internationalen Folgen des Gesetzentwurfes.

Niederländische Kommanditgesellschaft („commanditaire vennootschap“, abgekürzt: CV)

Nach der heutige Steuergesetzgebung wird eine Kommanditgesellschaft in den Niederlanden, genau wie in Deutschland, entweder nach dem Durchgriffsprinzip (auch Transparenzprinzip genannt) oder nach dem Trennungsprinzip behandelt. Entscheidend dafür ist die Frage, ob der Zutritt beziehungsweise Wechsel von Kommanditisten ohne Zustimmung sämtlicher Partner erfolgen kann („open CV“). Wenn für diesen Zutritt oder Wechsel dagegen die Zustimmung aller Partner erforderlich ist, so gilt die Kommanditgesellschaft als „besloten CV“ (geschlossen). Eine „offene“ Kommanditgesellschaft ist nicht steuerlich transparent, ist also selbst Steuersubjekt und unterliegt der niederländischen Körperschaftsteuer.

Nach dem Gesetzentwurf gelten alle Kommanditgesellschaften ab dem 1. Januar 2022 als steuerlich transparent. Die oben genannte Einstufung anhand der Zustimmung(-spflicht) wird somit nicht mehr angewandt. Aus diesem Grund unterliegt die derzeitige „offene“ Kommanditgesellschaft (open CV) ab diesem Datum auch nicht mehr selbst der Körperschaftsteuer.

Zu diesem Zweck wird in den Niederlanden davon ausgegangen, dass die „open CV“ beendet wurde und zu versteuernde Einkünfte erzielt hat. Im Ergebnis führt dies bei der von diesem Moment an selbst als Steuersubjekt geltenden CV zwingend zu einer Besteuerung (Körperschaftsteuer) sämtlicher steuerlicher Reserven bzw. stiller Reserven und gegebenenfalls auch von Goodwill.

Fiktiv wird davon ausgegangen, dass die Kommanditisten der „open CV“ ihren Anteil an dieser offenen Kommanditgesellschaft mit Wirkung zum 1. Januar 2022 gegen den Marktwert veräußert haben. Dies kann zu einer zwingenden Besteuerung in der Einkommensteuer (sogenannte Box 1 oder Box 2 Einkünfte) und/oder der Körperschaftsteuer führen. Von diesem Moment an werden Sie also persönlich zur Besteuerung (Einkommen- und/oder Körperschaftsteuer) für ihren Anteil am Gewinn der Kommanditgesellschaft herangezogen.

Unter bestimmten Umständen ist es jedoch möglich, eine Besteuerung aufgrund des Wegfalls der Körperschaftsteuerpflicht für die „offene CV“ zu vermeiden.

Die Gesetzesänderung führt immer dann zu Konsequenzen, wenn eine transparente niederländische Kommanditgesellschaft („open CV“) Bestandteil Ihrer Unternehmensstruktur ist.

Ausländische Rechtsformen, die der niederländischen CV ähneln

Die für die CV nach dem heutigen Steuerrecht geltende Zustimmungspflicht führt dazu, dass der CV ähnelnde ausländische Rechtsformen in der niederländischen Besteuerung selbst als Steuersubjekt behandelt werden, während sie im Wohnsitzstaat möglicherweise noch als steuerlich transparent (nicht selbst als Steuersubjekt) gelten. Diese Qualifikationskonflikte zwischen dem System in den Niederlanden und ausländischen Steuersystemen können zu sogenannten hybriden Personengesellschaften führen. Dies wiederum kann dazu führen, dass eine Doppelbesteuerung entsteht oder dass der Gewinn der jeweiligen Rechtsform gar nicht erst besteuert wird.

Laut Gesetzentwurf wird jede CV mit Wirkung zum 1. Januar 2022 als steuerlich transparent behandelt. Dies kann dazu führen, dass CV-ähnliche (ausländische) Rechtsformen, die derzeit in den Niederlanden noch selbst als Steuersubjekt angesehen werden, auf Grundlage der neuen Vorschriften in den Niederlanden als steuerlich transparent gelten werden. Damit einher gehen die bereits genannten Konsequenzen, insbesondere eine zwingende Besteuerung (Körperschaftsteuer), die auf alle vorhandenen steuerlichen Reserven bzw. stillen Reserven und Goodwill erfolgt.

Der niederländische „Fonds voor gemene rekening“ (Investmentfonds in den Niederlanden)

Im niederländischen „Fonds voor gemene rekening“ (abgekürzt auch FGR), also einem Investmentfonds, bündeln die Partizipanten Kapital für gemeinsame Anlagen. Ein Investmentfonds verfügt über einen Verwalter, eine Verwahrstelle sowie mindestens zwei Partizipanten. Nach der heutigen Steuergesetzgebung wird zwischen einem offenen und einem geschlossenen Investmentfonds unterschieden. Die offene Anlageform ist für die Körperschaftsteuer selbst Steuersubjekt, während die geschlossene Anlageform als steuerlich transparent behandelt wird und somit für die Körperschaftsteuer nicht selbst Steuersubjekt ist. Entscheidend für die steuerliche Behandlung bzw. Einstufung ist, ob die Inhaberpapiere, das heißt der Anteil am niederländischen FGR, frei verhandelbar sind oder nicht. Bei frei verhandelbaren Inhaberpapieren handelt es sich um einen offenen, selbständig steuerpflichtigen Investmentfonds. Von frei verhandelbar ist immer dann die Rede, wenn für die Veräußerung von Anteilen nicht zunächst die Zustimmung aller Aktionäre eingeholt werden muss.

Im Gegensatz zur niederländischen CV sieht der Gesetzentwurf vor, dass der offene Investmentfonds weiterhin bestehen bleibt. Allerdings wird die steuerliche Behandlung des offenen Investmentfonds angepasst. Wenn ein bestehender offener Investmentfonds der neuen Steuerdefinition nicht entspricht, entfällt die derzeitige Körperschaftsteuerschuld. Dann wird der Investmentfonds, genau wie die offene Kommanditgesellschaft, als steuerlich transparent behandelt. Eine Folge der Anwendung des Transparenzprinzips bzw. Durchgriffprinzips in den Niederlanden ist unter anderem, dass der Investmentfonds die Körperschaftsteuer auf alle seine steuerlichen Reserven bzw. stille Reserven und gegebenenfalls Goodwill entrichten muss.

Die neue Definition für den FGR im Gesetzentwurf zielt darauf ab, dass ein offener Investmentfonds gegen Ausgabe von Inhaberpapieren Kapital sammelt bzw. gebündelt anlegt, wobei

  1. die Inhaberpapiere an einem regulierten Markt (nach den Regelungen der niederländischen Finanzaufsicht) oder einer damit vergleichbaren Handelsplattform gehandelt werden,
  2. der Investmentfonds verpflichtet ist, eigene Anteile zu erwerben und
  3. es sich nicht um einen Familienfonds handelt.

Für den offenen Investmentfonds und die Partizipanten enthält der Gesetzentwurf keinerlei steuerliche Vergünstigungen hinsichtlich der Stundung von Steuern (wie es sie für die offene CV sehr wohl gibt).

Auch eine ausländische Rechtsform, die mit dem Investmentfonds vergleichbar ist, könnte von der Gesetzesänderung betroffen sein.

Ausländische Rechtsformen, die sich nicht mit einer niederländischen Rechtsform vergleichen lassen

Das niederländische Körperschaftsteuergesetz („vennootschapsbelasting“) regelt, wer in den Niederlanden unbeschränkt steuerpflichtig für die Körperschaftsteuer ist. Dies sind alle nach niederländischem Recht gegründeten Unternehmen, aber auch im Ausland gegründete Unternehmen, sofern diese ihren Sitz in den Niederlanden haben.

Das Körperschaftsteuergesetz regelt ferner, wer in den Niederlanden beschränkt steuerpflichtig ist. Im Ausland gegründete Gesellschaften, die zwar nicht in den Niederlanden niedergelassen sind, aber niederländische Einkünfte erzielen, gelten als beschränkt steuerpflichtig. Die niederländischen Einkünfte gelten zum Beispiel als erzielt, wenn Sie in den Niederlanden über eine Betriebsstätte verfügen oder sich dort Immobilien in Ihrem Besitz befinden.

Die Behandlung ausländischer Rechtsformen in den Niederlanden erfolgt aktuell nach der Rechtsformvergleichsmethode (also durch einen Vergleich der Merkmale der ausländischen Rechtsform mit dem niederländischen Äquivalent). Diese wird dann steuerlich gleich behandelt. Bislang veröffentlichten die niederländischen Steuerbehörden jährlich eine Übersicht mit ausländischen Rechtsformen samt Beurteilungsmaßstäben (ob sie nach dem Transparenz- oder dem Trennungsprinzip behandelt werden). Die aktuelle Übersicht finden Sie hier.

Wie bereits erwähnt, ist die Zustimmungspflicht künftig nicht mehr relevant, so dass die Bewertung der Rechtsformen nach dem neuen Gesetzentwurf unterschiedlich ausfallen kann.

Das heutige Gesetz zur Qualifizierung ausländischer Rechtsformen greift nicht abschließend, sofern es keine vergleichbare niederländische Rechtsform gibt. Der Gesetzentwurf schlägt daher zwei zusätzliche Methoden (neben Rechtsformvergleichsmethode) vor:

  1. Symmetrische Methode. Diese Methode gilt für nicht vergleichbare ausländische Rechtsformen ohne Sitz in den Niederlanden. In diesem Fall orientieren sich die Niederlande an der steuerlichen Behandlung der Rechtsform im Ausland. Die Rechtsform wird nur dann als steuerlich transparent angesehen, wenn das Unternehmen im Ausland ebenfalls als steuerlich transparent gilt. Ist das ausländische Unternehmen im Wohnsitzland selbst Steuersubjekt, behandeln die Niederlande das ausländische Unternehmen ebenfalls als selbständiges Steuersubjekt.
  • Beständige Methode. Diese Methode gilt für nicht vergleichbare ausländische Rechtsformen mit Sitz in den Niederlanden. Ein solches Unternehmen ist in den Niederlanden immer selbst Steuersubjekt für die Körperschaftsteuer.

Der Gesetzentwurf nennt einige Beispiele für im Ausland gegründete Unternehmen mit einer Rechtsform, für die kein niederländisches Äquivalent gefunden werden kann:

  • die nach deutschem Recht gegründete Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA);
    • die nach britischem Recht gegründete Limited Liability Partnership (LLP);
    • die nach irischem Recht gegründete Unlimited Company (ULC).

Haben solche Gesellschaften ihren Sitz in den Niederlanden, werden diese mit Einführung des neuen Gesetzes für die niederländische Körperschaftsteuer als unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt.

Obwohl im Gesetzentwurf nur drei Beispiele genannt werden, gibt es selbstverständlich noch weitere Formen bzw. Varianten. Es ist dabei unklar, ob diese auch so klar benannt werden oder ob erst von Fall zu Fall eine Beurteilung stattfindet.

Vermögensverwaltung und die niederländische CV in der Praxis

Die “offene” Kommanditgesellschaft (“open CV”, also nach dem Trennungsprinzip) und der niederländische Investmentfonds (“fonds voor gemene rekening“) werden häufig zu Zwecken der Vermögensverwaltung in den Niederlanden verwendet. Aufgrund des jetzigen Änderungsvorschlages für beide Rechtsformen empfiehlt es sich, die Konsequenzen jeweils neu zu bewerten, wenn diese Bestandteil Ihrer internationalen Unternehmensstruktur sind. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen. Dies gilt vor allem, wenn eine ausländische Rechtsform einbezogen wurde, die mit der “open CV” oder dem Investmentfonds mehr oder weniger vergleichbar ist.

Folgen für die Besteuerung in den Niederlanden

Es kann vorkommen, dass die Niederlande eine ausländische Rechtsform als Steuersubjekt qualifizieren, ein anderes Land diese jedoch als steuerlich transparent behandelt. Solche Qualifikationskonflikte können zu einer Doppelbesteuerung führen, oder gar eine Besteuerung ganz ausschließen. Nach dem jetzt vorgeschlagenen künftigen System werden solche Qualifikationskonflikte deutlich seltener auftreten. Allerdings kann dies eingreifende steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn sich Ihr (Wohn-)Sitz in Deutschland befindet. Wir empfehlen Ihnen daher eine rechtzeitige (Neu-)Bewertung Ihrer Unternehmensstruktur bzw. Konzernstruktur in den Niederlanden und/oder in Deutschland.

Wünschen Sie weitergehende Informationen oder haben Sie Fragen? Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt auf mit:

Ricardo te Kaat, niederländischer Steuerberater         
+31-(0)6 – 11274485                                                    
r.t.kaat@stolwijkkelderman.nl                                    

Han Schut, niederländischer Steuerberater
+31-(0)6 – 13096076
h.schut@stolwijkkelderman.nl


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